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Eine Ode an den Selleriesaft? Anthony William’s Protokoll unter der Lupe (Update 8/24)

Der Selleriesaft-Hype

Vielleicht ist dir schon aufgefallen, dass Selleriesaft in den letzten Jahren gehypt wurde wie nie zuvor. Dafür gibt es unter anderem diesen Grund: Anthony William. Es mag ein wenig schräg klingen, wenn jemand behauptet, er habe die Fähigkeit, mit einem Geist zu sprechen, der ihm medizinische Informationen zukommen lässt, die bislang auch Medizinern nicht zugänglich gewesen waren. Der Mann mit dem „geisterhaften Souffleur“ heißt Anthony William und bezeichnet sich selbst als „Medical Medium“. William behauptet sogar, unheilbare Krankheiten können unter Einhaltung seiner Prinzipien geheilt werden, weil alle Krankheiten Problemen mit der Leber zugrunde liegen. Williams ist übrigens seit dem zarten Alter von vier Jahren in der  Lage, Krankheiten, Infektionen, Blockaden und andere Probleme zu lesen und daraus eine individuelle Therapie abzuleiten.

Viele Fans – weltweit

Die Anzahl seiner Befürworter spricht für sich: Über zwei Millionen Menschen folgen ihm via Instagram (@medicalmedium), knappe 3,5 Millionen Anhänger hat William auf Facebook zu verzeichnen (Stand: Januar 2020). Und seine Bücher verkaufen sich wie warme Semmeln. Auch die Liste an Celebrities, die bereits von seinen Tipps profitiert haben, ist lang: Robert de Niro, Sylvester Stallone, Naomi Campbell, Liv Tyler, Gwyneth Paltrow und Calvin Harris sind nur einige seiner weltweit bekannten Anhänger.

Das kann die William’sche Ernährung angeblich leisten:

Anthony Williams „Medical Medium Protocol“, bei dem Selleriesaft eine wichtige Rolle spielt, ist ein wahrer „Wunderwuzzi“ und soll unter anderem helfen, verschiedenste Magen-Darm-Erkrankungen und Infektionen zu beseitigen.

Liest man Williams Bücher, so wird einem klar, welche zentrale Rolle u.a. unsere Leber und Schilddrüse bei einer Unzahl an Symptomen haben und dass wir ihr dringend etwas Gutes tun sollten. Aber ob ein Geist, bzw. Anthony William als “Medium” wirklich vertrauenswürdig genug ist, um seinen ganze Ernährung umzustellen, wage ich zu bezweifeln.

Ernährung nach Anthony William

Ernährung nach Anthony William: Der Selleriesaft

Wie schon erwähnt, spielt der Selleriesaft bei der Beseitigung von Erkrankungen, laut William, eine wichtige Rolle, ist aber allein nicht ausreichend. Wer seine Leber ordentlich entgiften möchte, solle auch seine Ernährung dementsprechend umstellen. Frisches Obst und Gemüse bilden die Basis der William’schen Ernährungsform. Dieses soll so wenig wie möglich verarbeitet werden. Selleriesaft soll in seiner Reinform (ohne Zitronen, ohne Wasser) zum Beispiel in der Früh auf nüchternen Magen getrunken werden.

 

Wie soll der Sellergiesaft getrunken werden?

Alles was man braucht, ist ein großer Staudensellerie und einen Juicer (Slow-Juicer oder Zentrifugaljuicer). Der Staudensellerie sollte Bioqualität haben. Zu waschen ist der Staudensellerie mit warmem Wasser; falls dieser nicht biologisch ist, dann sollte dafür ein frischer Schwamm verwendet werden, mit dem die Stangen abgerieben werden. Zum Entsaften kann ein Slow-Juicer oder einen Zentrifugal-Juicer, um daraus Saft zu gewinnen. Das sollte eine Mindestmenge von ca. 470 ml Flüssigkeit ergeben. Der Saft sollte keinesfalls mit Zitrone o.Ä. “aufgepeppt” werden.  Getrunken wird der Saft mindestens 15 -30 min vor einer Mahlzeit.

Der Grund für die Effektivität des Selleriesafts liegt- laut William – in den darin enthaltenen bislang von der Forschung noch nicht entdeckten Sodium-Cluster-Salze, die für den Schutz der Zellmembranen in der Leber verantwortlich sind und das Wachstum von Viren, Pilzen und Bakterien unterbinden. Auch die Gallensaftproduktion wird durch diese Salze angeblich reguliert. Zusätzlich könne der tägliche Konsum von reinem Selleriesaft dazu führen, dass Giftstoffe aus der Leber gebunden und in Folge aus dem Verdauungstrakt gespült werden können. Du siehst also, Selleriesaft scheint lt. William ein wahrliches Zauberelixir zu sein!

Diese Lebensmittel solltest du laut Anthony William vermeiden:

Mais- und Maisprodukte (Nachos, Polenta, Maisstärke…):

Durch Mais(-produkte) sollen Viren, Bakterien, Pilze und Schimmel “gefüttert“ werden. So würden Entzündungen begünstigt.

Soja und Sojaprodukte:

Soja galt ursprünglich als gesundes Nahrungsmittel; durch die häufige gentechnische Modifizierung solle man dieses allerdings meiden. Wer trotzdem nicht auf Sojaprodukte verzichten möchte, sollte Biosoja ohne Zusätze wählen.

Rapsöl:

Rapsöl begünstige Entzündungen, vernarbe Gewebe der Eingeweide und könne die Entstehung des Reizdarmsyndroms begünstigen, meint William. Genauso wie Mais füttere Rapsöl angeblich Viren, Bakterien, Schimmel und Pilze. Auch in den Arterien könne es Schaden anrichten.

Industriezucker

So lecker Süßes auch ist, Produkte mit Haushaltszucker sollten ebenfalls vermieden werden, weil dieser angeblich die Entstehung von Krebs begünstigt und Viren und Bakterien sich von diesem ernähren.

Eier

Eier zu vermeiden ist nicht so einfach, gerade weil sich diese als Bindemittel sehr häufig in Lebensmitteln verstecken.  Aber laut William kann es sich lohnen: Wer Eier meidet, sagt laut William Viren den Kampf an und hilft dem eigenen Körper, sich zu regenerieren. So würde dem Körper geholfen, chronischen Krankheiten, Darmproblemen, Allergien, Migräne, dem Müdigkeitssyndrom, dem PCO-Syndrom, Brustkrebs, Zysten und Tumoren zu beseitigen.

Milchprodukte

Erstens enthalten Milchprodukte viel Fett, was unser Verdauungssystem, im Speziellen die Leber, belastete, betont das Medical Medium. In Kombination mit Laktose (einem Zweifachzucker) könnten Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes begünstigt werden. Auch gelange tierisches Fett in den Blutkreislauf und fördere dort das Wachstum von Viren und Bakterien. Ein weiterer Grund, warum Milch und Milchprodukte, auch in Bioqualität, gemieden werden sollen, ist, dass diese schleimbildend wären und so Entzündungsreaktionen und Allergien in Kraft setzen könnten.

Schweinefleisch

Schon Hildegard von Bingen war kein Fan von Schweinefleisch, denn es “[ist] nicht gesund, sondern verschroben und weder für gesunde noch für kranke Menschen zu essen gut, weil es weder die Verschleimung noch sonst eine Krankheitsanlage (!) mindert, sondern sie vielmehr vermehrt. Jeder Hautkranke meide Schweinefleisch.” Auch William meint, Schweinefleisch sei aufgrund des hohen Fettgehalts unbedingt zu vermeiden, wenn man gesund werden wolle.

Fisch aus Aquakultur

Fische, die in Becken gezüchtet werden, sind wahrlich nicht zu beneiden. Nicht nur, weil sie ihren Lebensraum mit unzähligen Artgenossen teilen müssen, sondern weil durch den kleinen Raum die Übertragung von Krankheiten gefördert wird. Um dies zu verhindern, werden diese armen Lebewesen mit Antibiotika vollgepumpt, bevor sie getötet werden und bei uns auf den Teller kommen. Klingt nicht sehr lecker und auch nicht sehr gesund! Auch beim Wildfang ist darauf zu achten, dass der Fisch wenig Quecksilber enthält. Dies ist besonders bei Lachs, Heilbutt und Goldbarsch der Fall.

Gluten

Gluten ist in vielen Getreidesorten, wie Weizen, Gerste, Roggen und Dinkel, enthalten. Auch in Hafer findet man Spuren von Gluten, welches Entzündungen im Darm begünstigt und das Immunsystem durcheinanderbringen kann. Wer gesund werden will, sollte glutenhaltiges Getreide auf jeden Fall vermeiden, meint William.

Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln

Weiters meint William, dass es sich generell lohne, die Zutatenlisten von Lebensmitteln in Zukunft etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, denn dort versteckt sich so mancher ernährungstechnische Bösewicht, wie zum Beispiel Glutamat, in den Zutatenlisten oft als Hefeextrakt deklariert. Glutamat gelange laut ihm ins Gehirn und würde dort im Gehirngewebe gespeichert. Das wäre ja grundsätzlich noch nicht so schlimm, könnte man denken. Das Glutamat kann dort aber Entzündungsprozesse in Gang setzen und dazu führen, dass Gehirnzellen absterben und Neurotransmitter abgeschwächt werden. Im schlimmsten Fall könne es zu Mini-Schlaganfällen kommen.

Ein weiterer Terminus, der die Alarmglocken läuten lassen sollte, ist „natürliches Aroma“. Hinter dieser Bezeichnung verstecken sich laut William verschiedenste für den Organismus ebenfalls potentiell gefährliche Inhaltsstoffe, die aus nicht genießbaren Stoffen, wie zum Beispiel Sägespäne, gewonnen werden.

Auch sollte man auf künstliche Süßstoffe verzichten, weil diese angeblich als Neurotoxine fungieren und das zentrale Nervensystem und Neuronen stören könnten. Auch beinhalten viele Lebensmittel Citronensäure, nicht zu verwechseln mit der aus Zitronen gewonnen Zitronensäure. Citronensäure begünstige intestinale Entzündungen.

Bedenkliche Aspekte dieser Ernährungsweise

Warum funktioniert die William’sche Ernährungsweise bei einigen so gut? Meines Erachtens ist das vor allem, weil durch diese viele der Hauptallergene weggelassen werden. Und sicherlich nicht, weil ein allwissender und nur Gutes im Sinn habender Geist William einsouffliert, was den Menschen guttut und was nicht.

Lebensmittel, auf die Menschen häufig reagieren, sind unter anderem:

  • glutenhaltige Getreideprodukte (Allergen: u.a. Gluten)
  • Milchprodukte (Allergene: u.a. Casein und Molkeprotein)
  • und Lebensmittel mit Ei.

Um Erfolge zu erzielen, braucht man sich meiner Meinung nach nicht in die Ernährungsweise von Anthony William einarbeiten: vielmehr könnte man schlichtweg versuchen, diese Allergene zu meiden.

Zudem bergen einseitige Ernährungsformen generell das Risiko der Unter- oder Überversorgung mit gewissen Nährstoffen. Hierfür folgendes Beispiel: Anthony Williams Protokoll schränkt unter anderem tierisches Protein stark ein. Pflanzliches Protein ist hingegen schlechter bioverfügbar, insofern es nicht bedacht und systematisch kombiniert wird (Stichwort: Biologische Wertigkeit). Ein Problem, das sich auch durch die vegane Ernährung ergibt. Eine Unterversorgung mit Eiweiß (lt. der DGE brauchen wir 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht*). Außerdem kann die William’sche Ernährung aufgrund von Zutaten wie Sellerie, (Süß-)Kartoffeln, Nüssen, Sesam/Tahin, Spinat, Beeren und Co. zu einem Überschuss an Oxalat in unserem Körper führen, der durchaus gesundheitsgefährdend sein kann. Meine Buchempfehlung zu diesem Thema:  “Gefährliche Superfoods”  von Sally K. Norton.

*Normalgewicht; bei Über- oder Untergewicht muss ein Gewicht herangezogen werden, das bezogen auf den BMI innerhalb der Referenzwerte für Normalgewicht liegt.

Mein Fazit (Update)

Um endlich wieder gesund zu werden, habe ich mich selbst an jeden Strohhalm geklammert und sehr viel Verschiedenes ausprobiert – so auch diese Ernährungsform. Deswegen möchte ich diese Art der Ernährung niemandem “ausreden”. Wichtig erachte ich es vor allem, dass man sich vor der Anwendung jeglicher stark einschränkenden Ernährungsform kritisch mit dieser auseinandersetzt, um Schwachstellen zu identifizieren – hier sind es unter anderem Nährstoffdefizite und eine hohe Oxalat-Last.

Eine Alternative zum William’schen Ernährungsprotokoll liegt meines Erachtens darin, ausschließlich auf die in Williams Protokoll “verbotenen” Lebensmittel zu verzichten, die oben genannte Hauptallergene enthalten. Vielleicht wäre das auch für dich ein Ansatz. Jedoch solltest du auf jeden Fall mit einem (ganzheitlichen) Arzt oder einer (ebenfalls ganzheitlichen) Ernährungsberatung sprechen und deinen Nährstoffhaushalt regelmäßig überprüfen lassen (Labordiagnostik, z.B. Mineralanalyse im Vollblut, z.B. über das Labor Biovis).

 

 

2 Kommentare zu “Eine Ode an den Selleriesaft? Anthony William’s Protokoll unter der Lupe (Update 8/24)

  1. Hallo
    Ich habe eine Kollegin, welche an Sellerie-Allergie leidet?
    Gibt es dazu von William eine Empfehlung?

    Danke und Gruss
    Béa Müller

    1. Liebe Béatrice,
      wenn ich mich richtig erinnere, dann empfiehlt William, wenn der Selleriesaft zu Reaktionen führt, auf Gurkensaft auszuweichen. Hier findest du genauere Infos (auf Englisch): https://www.medicalmedium.com/mm101/medical-medium-cucumber-juice
      Ich möchte zu bedenken geben, dass ich mittlerweile diese Art der Ernährung kritischer sehe. Unter anderem, weil ich Sally Norton’s Buch “Gefährliche Superfoods” gelesen habe. Eine hauptsächlich pflanzliche Ernährung kann zu einem Oxalatüberschuss führen, der unsere Gesundheit extrem kompromittieren kann.

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